Der Fall: Aus einem erfolgreichen Modell-Projekt zum interkulturellen Leben und Lernen in Schulen entsteht die Erwartung der Beteiligten, die Lehrerfortbildung des ganzen Landes zu verändern. Mit mehrtägigen fachübergreifenden Weiterbildungen für komplette Lehrerkollegien soll die wichtige Querschnittskompetenz bei allen Lehrkräften gestärkt werden. Das Schulministerium sieht die Wirksamkeit des Projekts, setzt die Ergebnisse aber nicht um. Warum nur?
Es gibt viele Meister der Modellprojekte, die aber keineswegs zugleich Meister das Alltags sind. Wer eine innovative Idee im Labor entwickelt hat, darf nicht erwarten, dass die Produktion von Serienprodukten einfach umgestellt werden kann. Nichts anderes gilt für Innovationen in Verfahren oder neuen Kooperationen: wer Änderungen erreichen will, muss die Produktionslogik und die Folgen für ein Regelsystem verstehen.
Aus Sicht des Schul-Systems geht es um ein Massengeschäft, bei dem neben den finanziellen Folgen für das Land auch die Auswirkungen für den Schulbetrieb vor Ort beachten werden müssen. Spätestens wenn der Schulminister im Landtag wegen steigendem Unterrichtsausfall von der Opposition angegriffen wird, wird er die Welt außerhalb eines schönen Modell-Projekts mit anderen Augen sehen.
Ideengeber tun deshalb gut daran, nicht Projekte zu entwerfen, ohne zuvor diese Haltung zu verinnerlichen: sie leisten modellhafte Lösungsansätze, die den Eignungstest für das Regel-System nicht automatisch in sich tragen.
Das Entwickeln und Übertragen eines innovativen Modell-Projekts in ein eingespieltes System sollte deshalb bei dessen inneren Logik beginnen, nicht umgekehrt. Der Eigentümer der Aufgabe im Regelsystem ist der dabei zentrale Faktor bei jedem Veränderungs-Projekt. Er entscheidet nach seinen Möglichkeiten, Einstellungen und Bedingungen, was er nach einem Projektende tun möchte. Es ist dabei kein Mangel, wenn nur Teilergebnisse in den Normalbetrieb übergehen und zudem an die Bedingungen weiter angepasst werden. Jeder Innovator sollte dies respektieren und erkennen, dass er im besten Fall einen starken Impuls für die Arbeit anderer und wichtige Beiträge für einen Prozess der System-Umgestaltung leistet.
Eine offene Entwicklungspartnerschaft ist der entscheidender Schlüssel, mit dem die Alltags-Arbeit verändert werden kann. In einer solchen Beziehung auf Zeit lernen beide Seiten, auch und besonders die Projektentwickler. Die Verständigung über die Wirkungs-Logik des Alltags ist dabei eine zentrale Bedingung für eine mögliche Ergebnis-Implementation.