Die Strategiemanufaktur beginnt mit diesem Beitrag die Reihe DSM-Kolumnen. Es sind Beobachtungen, Kommentare und Zwischenrufe zu den Themen- und Arbeitsbereichen der Strategiemanufaktur. Die DSM-Kolumnen möchten zum Nachdenken anregen und kleine Unterbrechungen der Denkroutinen und Pfadabhängigkeiten unseres Handelns sein.
Den Denkimpuls sendet unser Senior Associate Dr. Christof Eichert. Viel Spaß bei der Lektüre wünscht das DSM-Team, Ihr Oliver Will.
Gemeinsam mit internationalen Entwicklungshilfe-Organisationen sammelt eine europäische Institution Mittel für den Bau von Trinkwasser-Brunnen in Afrika. Die Stromversorgung soll über Solaranlage sichergestellt werden. Die Geräte werden beschafft und nach Afrika geliefert, dort aufgestellt und feierlich in Betrieb genommen. Dann ziehen die Projektentwickler ab, eine örtliche Organisation ist zwar eingerichtet, aber ohne Finanzierungsquellen. Nach drei Jahren sind die Mittel verbraucht, die Anlagen nicht mehr in Betrieb. Selbst schuld?
Zu den Moden des Barock gehörte das Ruinen-Bauen, in fürstlichen Parks sehr in Mode. Mancher Potentat gönnte sich Ruinen als Hinweis auf die Vergänglichkeit des Seins.
In den 35 Jahren meiner Berufstätigkeit in Kommunen, Ministerien und Stiftungen habe ich diese Mode neu kennen gelernt. Viele Projekte wurden klug entworfen und sogleich zur Ruine bestimmt. Auch das war Mode: Förderprogramme von Politik und Stiftungen, die neue Projekte anstießen, von denen aber erwartet werden musste, dass sie immer unfertige Werke bleiben. Man konnte den Start immerhin als Beleg für Gestaltungkraft vorzeigen.
Inzwischen wird zunehmend (selbst-)kritisch über die zahllosen Projektruinen gesprochen, über die Initiativen, die mit befristeten Budgets aus öffentlichen Kassen begonnen wurden, im Grunde aber nur Ruinen werden konnten, da ihre dauerhafte Finanzierung von Anfang an unmöglich war.
Um nicht noch mehr „komische und turbulente Abenteuer jenseits aller Vernunft“ (Hans Rosendörfer „Der Ruinenbaumeister“) zu entwickeln, beginnen neue Partnerschaften, die nicht weiter Projekte anfüttern wollen, um sie dann wieder sich selbst zu überlassen. Daraus ist zum Beispiel das Programm „Engagierte Stadt“ entstanden. Entwicklungspartnerschaften zielen nicht auf neue Strukturen, sondern auf das Einüben neuer Zusammenarbeitsformen vor Ort.
Daraus entstehen durchaus manchmal Abenteuer, aber eben mit Vernunft und Respekt des Projektentwicklers gegenüber den eigentlichen Eigentümern der Aufgabe.
Wir verfolgen das Thema weiter, auch an dieser Stelle.